Schreibend wachsen

Man weiß ja, wie das ist in diesem Dschungel, der sich Internet nennt. Man folgt diesem Pfad, jenem Pfad, nimmt den Abzweig in die eine Richtung, obwohl man eigentlich in die andere wollte, macht kurz Rast, um dann vielleicht doch noch einmal umzukehren und den anderen Abzweig zu wählen. Den Ort, den man am Ende erreicht, hat man nicht gesucht, aber es ist schön, ihn gefunden zu haben. Irgendwann bin ich bei stepanini gelandet, kam das eine oder andere mal wieder und freue mich nun auf jeden neuen Eintrag, den Stephanie in ihr Blog einfügt. Für mich, die sich mit ihrem ewigen Zaudern und Zweifeln oft selbst im Weg steht, war stepanini eine(r) der Gründe, warum ein Gedanke, der schon viel zu lange im Raum stand, endlich in die Tat umgesetzt wurde.

Stephanie hat die wunderbare Gabe, in Worten ein Geschenk zu sehen. In ihrem heutigen Beitrag erzählt sie davon, warum sie Sätze sammelt, wie sie sich schreibend an sie herantastet und an wen sie manche davon verschenkt. Weil ich diesen Gedanken eines Satzgeschenkes so großartig finde, und weil ich den handgeschriebenen Satz hochleben lassen will, zitiere ich an dieser Stelle Lily Brett, die all ihre Bücher mit der Hand geschrieben hat und noch genau weiß, für welches Buch sie welchen Stift benutzte.

„Sobald ich einen Stift in die Hand nehme, überkommt mich ein Gefühl der Ruhe. Ich spüre, dass der Stift unmittelbar mit meinem Herzen, meiner Lunge, meinen Arterien verbunden ist. Nichts trennt uns. Natürlich habe ich einen Computer und ein iPad und ein Smartphone. Und ich achte sehr auf die Sätze, die ich mit diesen Geräten schreibe. Viel zu sehr. Wer macht sich schon die Mühe, nach Kommas oder Apostrophen zu suchen, wenn er mit einem oder zwei Fingern tippt? Und ich liebe Tastaturen und ihr leises Klappern. Aber mit ihnen fühle ich mich nicht so verbunden wie mit einem Stift“

(Lily Brett, Schreibwerkzeug, in: Immer noch New York, Suhrkamp Verlag)

Für Stephanie und für alle, die diesen Satz gern geschenkt bekommen möchten. Für eine Freundin, an die ich im Moment oft denke und die ein unglaubliches Gedächtnis hat für Sätze, aus denen Lieder geworden sind. Für mich.

8 Gedanken zu „Schreibend wachsen

  1. Danke. Für diese Worte, für diesen Ort, für die Erinnerung an Lily Brett, deren Bücher ich aufgesogen habe.
    Gerührt bin ich. Und ein wenig sprachlos. Nochmals Danke.

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  2. Wie es so mit den Wegen und Abzweigungen geht, hast du treffend beschrieben. Ich fand dich über ….. stepanini. Und darüber freue ich mich. Noch schreibe ich meist nur für mich und bin stille Leserin bei einigen ganz besonderen Blogs, die etwas in mir zum Klingen bringen – so wie jetzt hier bei dir.
    Danke dafür.

    Clara

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    • Liebe Clara, danke für deine Worte. Schön, daß du mich gefunden hast und ich von dir erfahre. Vielleicht lese ich auch irgendwann etwas von dir?! Das würde mich freuen. Liebe Grüße, Annett

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    • Verrückt. Genau heute habe ich seit langem mal wieder diesen Text gelesen, weil ich gerade eine Auswahl zusammenstelle, und genau heute hinterläßt du einen Kommentar hier. Vielen Dank dafür!! Manchmal bin ich mir nicht sicher, ob meine Abneigung gegen Übersinnliches berechtigt ist. :) Was das Schreiben anbelangt, bin ich noch unentschieden, „fürchte“ aber, daß die Fingerspitzen ebenfalls vorn liegen werden.

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